Ein Davidstern neben einem aufgeschlagenen Buch
Pixabay/hurk
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17. Jänner

Kirchen begehen Tag des Judentums

Die Kirchen in Österreich begehen am 17. Jänner den 25. Tag des Judentums. Dazu gibt es ab Montag zahlreiche Veranstaltungen und Gottesdienste. Das Christentum ist von seinem Selbstverständnis her wesentlich mit dem Judentum verbunden.

Um das im Bewusstsein zu verankern, hat der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) im Jahr 1999 den 17. Jänner als eigenen Gedenktag im Kirchenjahr eingeführt. Begangen wurde er im Jahr 2000 zum ersten Mal. Dabei sollen sich Christinnen und Christen in besonderer Weise ihrer Wurzeln im Judentum und ihrer Weggemeinschaft mit dem Judentum bewusstwerden.

Zugleich soll auch das Unrecht an jüdischen Menschen und ihrem Glauben in der Geschichte thematisiert werden. Dies erfolgt im Rahmen von Gottesdiensten und Gedenk- und Lernveranstaltungen.

Die Wurzeln nicht vergessen

Die Initiative zum Tag des Judentums geht auf die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung 1997 in Graz zurück. Auch in Italien, Polen und den Niederlanden wird der Tag begangen. Das Datum dafür wurde bewusst gewählt. Die Kirchen sollen den Geist dieses Tages in die anschließende weltweite „Gebetswoche für die Einheit der Christen“ (18. bis 25. Jänner) weitertragen.

Denn bei allen Trennungen der Christenheit untereinander sei allen Kirchen gemeinsam, dass sie im Judentum verwurzelt sind, so die Veranstalter, darunter der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit.

Veranstaltungen und Gottesdienste

Der Tag des Judentums wird in ganz Österreich mit verschiedenen Veranstaltungen und Gottesdiensten begangen. Der zentrale Gottesdienst des ÖRKÖ zum Tag des Judentums findet am Mittwoch, 17. Jänner um 18.00 Uhr in der katholischen Kirche St. Josef-Weinhaus in Wien (1180,Gentzgasse 142) statt.

Mit der Gemeinde feiern u.a. der armenisch-apostolische Bischof und ÖRKÖ-Vorsitzende Tiran Petrosyan, der rumänisch-orthodoxe Bischofsvikar Nicolae Dura, Walter Fürsatz von der Altkatholischen Kirche sowie der Präsident der Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Martin Jäggle. Die Predigt hält die Evangelisch methodistische Pastorin Esther Handschin.

Mit der Geschichte auseinandersetzen

Der Gottesdienst steht unter dem Motto „So wahr ich lebe, spricht Gott der HERR: Ich habe kein Gefallen am Tode des Gottlosen, sondern dass der Gottlose umkehre von seinem Wege und lebe.“ Das Motto ist dem biblischen Buch Ezechiel entnommen. Der Gottesdienst wird auch via Radio Maria übertragen.

Mit der Wahl von St. Josef-Weinhaus ist laut dem Koordinierungsausschuss erstmals eine Kirche gewählt worden, die nach ihrem Bau (1883) „ein historischer Ort antisemitischer Propaganda“ war. Pfarrer Josef Deckert, nach ihm war der Platz vor der Kirche benannt, hielt in ihr „antisemitische Conferencen“ ab.

Seit den 1960er-Jahren gab es Bemühungen zur Umbenennung des Platzes. Schließlich hat sich die Pfarre Weinhaus unter Pfarrer Peter Zitta mit ihrer Geschichte auseinandergesetzt und mehrere wegweisende Maßnahmen gesetzt.

Lernen, gedenken, feiern

2019 führte der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit gemeinsam mit Partnern eine Dreiteilung des Tages des Judentums ein; auf einen Tag des Lernens, einen Tag des Gedenkens und einen Tag des Feierns (am eigentlichen Tag des Judentums am 17. Jänner).

Am 15. Jänner ist der Tag des Lernens. Die Veranstaltung um 18.00 Uhr im Gemeindezentrum der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (Seitenstettengasse 4) wird von Vertretern der Kultusgemeinde und dem ÖRKÖ-Vorsitzenden Bischof Tiran Petrosyan eröffnet. Vortragende sind Rabbiner Arie Folger zum Thema „Zwischen Jerusalem und Rom. Reflexionen über 50 Jahre Nostra Aetate“ sowie die evangelische Professorin Susanne Heine mit dem Thema „Lektionen der jüdischen Vorfahren für christliche Nachfahren“.

Der Tag des Gedenkens am 16. Jänner ist heuer der Erinnerung an die ehemalige Synagoge in Simmering gewidmet. Die Veranstaltung der Vernetzten Ökumene Wien findet um 19.00 Uhr im Stephanisaal (Stephansplatz 3) statt. Zu Wort kommen u.a. der Generalsekretär der Kultusgemeinde, Benjamin Nägele, Koordinierungsausschuss-Präsident Jäggle, Domdekan Rudolf Prokschi, die Simmeringer evangelische Pfarrerin Anna Kampl und der Simmeringer Bezirksvorsteher Thomas Steinhart.

Am Tag des Feierns (17. Jänner) findet schließlich der ökumenische Gottesdienst des ÖRKÖ statt.

Veranstaltungen in den Bundesländern

Am 16. Jänner widmet sich die Katholische Privat-Universität (KU) Linz um 19.00 Uhr unter dem Titel „Alles koscher?“ dem Thema „Essen als Glaubens- und Identitätsfrage“. Der Wiener Rabbiner Schlomo Hofmeister gibt in einem Vortrag Einblicke in jüdische Traditionen, Vorschriften und Alltagshandlungen und beleuchtet den Zusammenhang von Ernährung, Identität, Abgrenzung und Gemeinschaft. Anschließend ist ein Gespräch mit dem Linzer katholischen Moraltheologen Prof. Michael Rosenberger geplant.

In Graz findet am 17. Jänner um 19.00 Uhr in der Stadtpfarre zum Heiligen Blut (Herrengasse 23) ein ökumenischer Gottesdienst zum Tag des Judentums statt. Im Bildungshaus St. Hippolyt in St. Pölten referiert am 17. Jänner ab 19.00 Uhr Judaistik-Professor Klaus Davidowicz zum Thema „Judentum im Film. Film als Midrasch“ (Midrasch: Lehre, Vermittlung; Anm.). Er beleuchtet, wie jüdische Motive ihren Weg auf die Leinwand gefunden haben.

Antisemitismus und „toxische Sprache“

Die Katholisch-Theologische Fakultät Salzburg lädt am 17. Jänner zu einem Studiennachmittag zum Thema „Toxische Sprache: Antisemitismus von der Bibel bis zur Gegenwart“ (Universitätsplatz 1, HS 101). Es referieren ab 15.00 Uhr die Berliner Linguistin Monika Schwarz-Friesel über Sprache und Macht im Kontext von Antisemitismus und die Salzburger Bibelwissenschaftlerin Kristin De Troyer über das Buch Ester.

Veranstalter sind das Zentrum für Jüdische Kulturgeschichte der Universität Salzburg, die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Salzburg, die Kirchliche Pädagogische Hochschule (KPH) Edith Stein Salzburg, die KPH Wien/Krems und die Erzdiözese Salzburg.

Thema Nahost-Konflikt im Jüdischen Museum

In Innsbruck referiert die Salzburger Fundamentaltheologin Elisabeth Höftberger am 17. Jänner im Haus der Begegnung (Rennweg 12) ab 18.30 Uhr über eine neue Form des jüdisch-christlichen Dialogs. Zu diesem Vortrag laden auch Bischof Hermann Glettler und der evangelische Superintendent Oliver Dantine in besonderer Weise ein.

In Wien spricht zudem am 17. Jänner die Direktorin des Jüdischen Museums Barbara Staudinger im Rahmen der „Theologischen Kurse“ (Stephansplatz 3) über das Thema „Das Jüdische Museum Wien, der Krieg in Gaza und die nötige Solidarität“. Das Jüdische Museum Wien stelle sich der Aufgabe, den Nahost-Konflikt zu thematisieren, obwohl derartige Ausstellungen in der Vergangenheit oft zum Skandal gerieten, heißt es in einer Ankündigung.

Verschwörungstheorien einst und jetzt

Über „Antijüdische Verschwörungserzählungen von der Antike bis zum Schwarzen Tod“ dreht sich der Beitrag zum Tag des Judentums vonseiten des Jüdischen Instituts für Erwachsenenbildung. Um 18.30 Uhr werden die Motive von Verschwörungserzählungen gegen jüdische Gemeinschaften von der Antike in Zeiten von Seuchen, Not und religiöser Erregung betrachtet.

Am 16. Jänner nehmen der jüdische Religionswissenschaftler Yuval Katz-Wilfing und der Wiener Dechant Ferenc Simon, Mitglied im Vorstand des Koordinierungsausschusses, auf Radio Maria (20.30 Uhr) zum christlich-jüdischen Dialog Stellung.

Ein Überblick über alle Gottesdienste und Veranstaltungen findet sich auf der Website des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit.